BLOG von Sophie Pas
Donnerstag, 18. Juli, Abend - Das Konzert
Tatsächlich beginnen wir pünktlich um 17 Uhr mit unserer eigentlich um 10 Uhr geplanten Probe. Die Stimmung diese Woche und auch heute ist toll, sowohl in unserer Reisegruppe als auch mit den Kimbanguisten, mit denen unsere Freundschaft durch diese intensive Woche auf eine neue Ebene gerückt sind. Jetzt sind wir nicht mehr nur die Professoren aus Deutschland, sie lernen uns auch als Menschen und Gleichgesinnte kennen.
Nach der Probe sind wir schnell auftrittsbereit, dass Konzert soll um 19 Uhr losgehen. Aber bald merken wir... Das wird nichts. Das Publikum dröppelt langsam und stetig ein, aber 19 Uhr ist wohl wieder eher ein Richtwert. Als es dann endlich losgeht, eine Stunde später, ist das Theater voll, ich schnappe etwas von 2000 Gästen auf. Das Konzert wird ein voller Erfolg. Wir Musiker sitzen alle auf der Stuhlkante - in der Generalprobe noch hatten die Kimbanguisten ein wenig zu viel Energie und wollten oft überholen, im Konzert halten sie sich aber an unsere Bitte: Schnelles Tempo ist gut, dann noch schneller werden nicht so. David Marlow hat das Orchester im Griff, wenn auch er ein paar Abstriche bezüglich mancher Tempovorstellung von ihm hat machen müssen. José Maria Blumenschein, den ich diese Woche bisher kaum erwähnt habe, spielt ein wunderschönes Violinkonzert von Mozart, wir bewundern ihn alle, wie er eine solche Leistung unter solchen Umständen bringt, unbeirrt von den Kameraleuten vom örtlichen Fernsehen, die ihm sehr auf die Pelle rücken und beleuchten, von den sehr tief fliegenden Fledermäusen und vor allem den Mücken.
Nach unserer Zugabe, der Farandole von Bizet, hält der Applaus lange. Und nach dem Applaus kommen wir für bestimmt eine halbe Stunde nicht von der Bühne. Umarmungen werden ausgetauscht, etliche Fotos geschossen, wir Weißen werden ständig von teilweise uns unbekannten Freunden der Kimbanguisten vor die Kamera gezerrt, wir werden es wohl alle auf Facebook zu sehen bekommen, denn das ist selbst hier im Kongo Gang und Gebe.
Beim anschließenden Empfang freuen wir uns vor allem auch über die vielen wichtigen Gäste von Botschaften, Unesco und anderen Organisationen, denn ihre Aufmerksamkeit auf unser Projekt zu führen bedeutet im besten Fall die Fortsetzung. Dass alle kommen ist gerade in diesen Tagen nicht selbstverständlich, im Osten des Landes spitzt sich die Lage momentan leider wieder sehr zu. Wir alle werden dieses Land wieder mit Abschiedsschmerz verlassen, und ich freue mich sehr, dass unsere Erstlinge auch so begeistert von dieser wahnsinnig verrückten Welt und vor allem unserem Projekt sind.
Hier endet mein Blog - ab morgen trennen sich unsere Wege wieder. Während Pierre Chamot und David Marlow wieder nach Deutschland und José Blumenschein nach Brasilien fliegen, fahren wir anderen heute noch für 3 Tage zum Zongo, einem Nebenfluss des Kongos, wo es wohl einen kleinen Resort gibt, und beginnen hier jetzt offiziell unsere Ferien.
Donnerstag, 18. Juli, Nachmittag - Tag des Konzertes
Der Plan war so gut. Um 9.15 Uhr sollten wir zum Théâtre de Verdure abfahren, um 10 Uhr anfangen zu proben. Mittags noch mal zurück in die Procure um zu duschen und vielleicht noch mal auszuruhen. Aber bereits gestern Abend beim gemeinsamen Abendessen mit Gunnar Berkemeier, dem hiesigen Kulturatache, fängt der Plan zu bröckeln an: Das französische Institut schafft es erst gegen 11 Uhr die Orchesterstühle zu bringen, die Abfahrt wird auf 10 Uhr verschoben. Noch freuen wir uns darüber, denn so haben einige, wie auch ich, noch die Möglichkeit am frühen Morgen auf den Stoffmarkt zu gehen. Von diesem zurück, erwarten uns schon Christian Stach und Pierre Chamot, und die beiden im konzentrierten Gespräch heisst meistens Lagebesprechung. Die Stühle seien zwar mittlerweile unterwegs, die Technik dafür noch lange nicht. Und da es sich um ein Open-Air Konzert handelt sind wir auf diese angewiesen. Die Abfahrt wird also wieder verschoben, wir nehmen unsere Sachen wieder mit und packen dann schon mal für den Tag, am Nachmittag noch mal zurück zu kommen ist mittlerweile utopisch. Pierre informiert auch die Kimbanguisten, damit auch sie später losfahren können, Blanchard, ein Geiger und der Assistent von Armand Diangienda, bedankt sich und meint dann, er würde den anderen trotzdem sagen, dass sie sich beeilen sollen. Im Théâtre angekommen geht die Wartezeit weiter - daher wird dieser Blog auch so ausführlich, ich habe endlich mal Zeit - die Kimbanguisten sind zwar tatsächlich schon da, Notenständer und Mikrophone aber noch nicht vollständig. Und plötzlich fällt ihnen ein: Für die Technik brauchen wir ja Strom! Ein Stromgenerator muss also besorgt werden. Also machen wir es uns erst mal gemütlich, einige Kimbanguisten machen Kammermusik, und plötzlich taucht ein Laptop mit einem alten Video vom WDR Sinfonieorchester auf, das interessiert angeschaut wird. Irgendwann reicht es uns, Technik hin oder her, zumindest die Zugabe wollen wir einmal proben. Die Sonne knallt ungebremst auf sie Bühne, heute ist es extrem warm. Nach 20 Minuten geben wir auf, ein Hitzschlag bringt keinem was. Um 17 Uhr wollen wir uns wiedertreffen, wenn dann hoffentlich alles steht und es ein wenig kühler ist. Das Angebot von Herrn Berkemeier, uns in ein nahe gelegenes Lokal zu fahren, lehnen wir schnell ab. Auch die Kimbanguisten müssen hier ausharren, größtenteils ohne Essen und Getränke, es käme uns ungerecht vor, wenn es uns anders gehen sollte. Schließlich sind wir als ein Orchester hier.
Mittwoch, 17. Juli, Abend
Ab heute wird es ernst: David Marlow, Chorleiter des WDR Rundfunkchors und Assistent von Andris Nelsons bei den Bayreuther Festspielen, ist gestern spät abends angekommen. Heute wird unsere erste Probe mit ihm sein. Plötzlich wird uns klar, dass soviel Zeit eigentlich gar nicht mehr ist. Morgen ist ja nur noch die Generalprobe und am Abend das Konzert im "Théâtre de Verdure", wir müssen heute also durch alle Werke kommen. Unsere Abfahrt haben wir trotzdem nach hinten verschoben, wir passen uns dem kongolesischen Zeitgefühl an. Auch Svetlin ist wieder halbwegs fit und einsatzfähig. Tatsächlich kann die Probe etwa 20 Minuten nach unserer Ankunft bei den Kimbanguisten beginnen. Der Tag ist anstrengend, zum ersten Mal seit wir hier sind ist die Luft richtig feucht. Am Anfang bin ich mir nicht sicher, ob nicht nur ich die Schwitzattacken habe, schließlich bombardiere ich mich seit 3 Tagen wegen einer dicken Erkältung mit Aspirin Complex. Aber ein Blick zu den Kollegen reicht - alle kämpfen heute. Im Vergleich zu meinen früheren Reisen, die immer in der Regenzeit waren, ist es aber sehr mild und angenehm. Die Temperaturen bleiben knapp unter 30 Grad. Die Probe verläuft erfolgreich und am Ende das Tages verlassen wir die Kimbanguisten mit einem guten Gefühl. Das Konzert kann kommen!
Dienstag, 16. Juli, Abend
Heute haben wir eine neue Tradition der Kongolesen kennengelernt. Schon auf dem Weg zu den Kimbanguisten sehen wir etliche junge Jugendliche mit weißen Köpfen durch die Gegend laufen, als ob sie an einer Mehlschlacht teilgenommen hätten. Vom Fahrer unserer Gurke erfahren wir, dass die Jungen und Mädchen heute ihren Schulabschluss geschafft haben, viele von ihnen sehen wir tanzend und feiernd am Straßenrand. Auch bei den Kimbanguisten erwarten uns beglückte Musiker die sich gegenseitig bepudern, allerdings nicht wie vermutet mit Mehl sondern mit Babypuder. Das ganze Szenario erinnert schon fast an eine Art Abi-Gag, wer nicht aus dem Weg ist wird bepudert.
Die Probe beginnt heute eher schleppend, noch ist nichts aufgebaut, auch der Probenraum steht noch nicht fest. Endlich erkennen wir unsere kongolesischen Freunde wieder! Die zusätzliche Zeit nutzen einige unserer Kollegen, um schnell noch einmal die Stücke für das am Abend kommende Kammermusikkonzert bei der Deutschen Botschaft zu proben. Gegen 11 Uhr, eine Stunde später als geplant, können wir endlich beginnen. Es ist ein wenig ernüchternd: Vieles von den Dingen, die wir am Vortag erarbeitet haben, sind wieder verschwunden, alles ist viel zu laut. Die Kimbanguisten haben diese Woche aber auch ein schweres Programm und sind dementsprechend müde. Gleich nach unserem Konzert am Donnerstag geben sie am Freitag ein Konzert in Brazzaville, der Hauptstadt der Republik Kongo. Zeit dafür zu proben haben sie nur am Abend, wenn wir weg sind. Dass sie zusätzlich auch ihren normalen Alltag und alltäglichen Probleme vor allem auch gesundheitlicher Natur, wie zum Beispiel Malaria, zu bestreiten haben, darf man nicht vergessen, wenn auch gleich sie versuchen, sich nichts anmerken zu lassen. Ein stilles "ich fühl mich nicht so gut" ist oft das einzige, was wir mitkriegen, wenn wir nicht gezielt nachfragen. Aber auch wir sind geschafft, daher wird es eine kurze Probe - ausserdem müssen wir bereits am Nachmittag in der Botschaft sein, um dort vor unserem Konzert noch mal alles zu proben.
Unser Aufenthalt in der Botschaft bedeutet gleichzeitig auch eine kurze Erholung aus dem Alltags-Wahnsinn in Kinshasa. Als wir ankommen, ist die Kulisse atemberaubend. Die Sonne ist bereits am untergehen und steht genau über des trotz Trockenzeit enormen Kongos, drum herum nur Pflanzen und Blumen. Und zwei weitere Dinge stellen wir fest: Wir können atmen - und - was für eine Ruhe! Die Autos und Lagerfeuer in der 10 Millionenstadt führen zu einem permanenten Smog, einen blauen Himmel kann man nicht erkennen, den ständigen Lärmpegel kann man nur sehr schwer in Worte fassen. Und wenn, dann wären es: Hupen, Schreie, Autos, Stromgeneratoren, und das ständig.
Das Konzert läuft erfolgreich, wenn auch leider ohne Svetlin, der seit heute flach liegt und die Zeit zur Erholung nutzt. Beim anschließenden Empfang, an dem wir mit vielen wichtigen und interessanten Leuten sprechen, die für eine zeitlang ihr Leben dem Kongo widmen, sehe ich einen jungen Mann, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Ein paar irritierte Blickwechsel später schalten wir plötzlich: Lukas und ich waren auf dem gleichen Gymnasium in Stuttgart und haben dort jahrelang zusammen im Schulorchester gespielt. Er mittlerweile als studierter Jurist bei der Unesco, ich Musikerin beim WDR. 8 Jahre später trifft man sich im Kongo wieder. Wie klein die Welt doch ist!
Montag, 15. Juli, Abend
Gestern Abend, als wir vom Abendessen zurück kommen, erwarten uns nicht nur Caroline Kunfalvi, Fred Deitz und Valentin Garvie, sondern auch unser gesamtes Gepäck! Nach der ersten großen Freude schauen wir in die bedröppelten Gesichter der neu dazu gekommenen Kollegen: Ihr Gepäck ist dafür leider nicht dabei, es solle aber wegen dem großen Rückstau von Gepäck heute eine Zusatzmaschine fliegen, es besteht also Hoffnung, dass es nicht so lange dauern wird.
Den heutigen Tag starten (fast) alle frisch geduscht und eingekleidet, es kann losgehen. Um 9.30 Uhr werden wir von der von uns liebevoll genannten gelben "Gurke" abgeholt - unter der Woche ist der öffentliche Busverkehr doch zu voll. Auf dem Programm heute stehen Gruppenproben. Die letzten beiden Tage haben wir immer mit dem ganzen Orchester zusammen geprobt, um zumindest einmal grob durch die Stücke zu kommen und einen Eindruck zu gewinnen, ab heute geht die Feinarbeit los. Jede Instrumentengruppe sucht sich einen freien Raum oder ein Plätzchen im Hof. Bei den Streichern sitzen an jedem Pult ein Musiker von uns und ein Musiker von den Kimbanguisten - die Fortschritte gehen dadurch rasant schnell, auch weil alle unglaublich lernbegierig sind. Während man bei den Streichern mittlerweile schon eine solide Basis vorhanden ist, geht es bei den Bläsern noch ein wenig schwieriger. Viele Grundlagen müssen noch oder neu erlernt werden. Svetlin, unser Oboist, erzählt mir zurecht, dass man als Streicher auch auf schlechten Instrumenten einigermaßen die Technik lernen kann und sich verbessern kann. Die Bläser, die jahrelang kein vernünftiges Material wie z.B. für Rohre hatten, haben es da deutlich schwieriger.
Am späten Nachmittag kommen wir alle aus unseren Ecken gekrochen und treffen uns zu einer Streicher- und Bläserprobe. Die Arbeit des Tages kann man sofort hören und lässt uns voller Vorfreude auf unser gemeinsames Konzert am Donnerstag blicken.
Heute Abend, als wir alle müde aber zufrieden wieder in der Procure ankommen, erreicht uns eine traurige Nachricht aus Deutschland: Ein guter Freund und Kollege ist verstorben. Keiner will den Abend so recht alleine verbringen, wir gehen essen, reden, schweigen und sind plötzlich für einige Momente ganz weit weg aus dem Kongo.
Sonntag, 14. Juli, Vormittag
Heute haben die Kimbanguisten ihren Gottesdienst, der sich über den ganzen Tag zieht. Von den letzten Malen weiß ich, dass es eher einem großen Straßenfest ähnelt, es wird gesungen, marschiert (Tanzen ist im Kimbaguismus nicht erlaubt), gegessen und zwischendrin immer wieder gepredigt und gebetet.
Daher fangen wir heute erst am späten Nachmittag mit Proben an und haben jetzt einen freien Vormittag, den wir alle genießen. Einige von uns sind auf den Kunstmarkt gegangen, andere üben, schlafen oder sitzen wie ich gerade im Garten und lesen, bzw. schreiben. Die zahlreichen Insekten haben wir dank Insektenspray ganz gut im Griff.
Unsere Koffer sind leider immer noch nicht da und es ist nach wie vor ungewiss, wann sie kommen. Ein paar Optimisten hoffen, dass sie heute Abend kommen werden, Maggy, die gestern bei der Fluggesellschaft war, meinte, dass manche Passagiere schon seit einer Woche auf ihr Gepäck warten.
Erstaunlich ist aber, wie wenig man im Endeffekt braucht, um so über den Tag zu kommen. Die wichtigsten Sachen, die sich eigentlich auf Zahnbürste und Shampoo reduzieren lassen, haben wir natürlich mittlerweile gekauft. Auch ein T-Shirt zum wechseln haben mittlerweile viele, ansonsten wird einfach ausgewaschen, in der Nacht trocknet es doch ganz gut. Und wann sonst kann man es erleben, dass acht Kollegen zusammen ein Kaufhaus stürmen, auf der Suche nach Unterwäsche? Ladegeräte für Handy und auch meinen Laptop werden durchgereicht, von allem ist zumindest eines vorhanden. Nur mein Verbindungskabel von meiner Kamera ist so schnell nicht ersetzbar, daher muss dieser Blog bis auf weiteres leider ohne Bilder bleiben.
Heute Abend erwarten wir drei weitere Musiker von uns, Christian Stach, unser Kontrabassist, hat sie aber schon vorgewarnt, sie werden hoffentlich alles Wichtige im Handgepäck haben.
Samstag, 13. Juli, Abend
Heute war unsere erste gemeinsame Probe mit den Kimbanguisten. Es erwarteten uns einige Überraschungen: Während wir sonst immer die etwa 20 Minuten lange Fahrt zum Zentrum der Kimbanguisten mit dem Taxi gefahren sind, gibt es diesmal die öffentliche Buslinie. Unsere doch ein wenig skeptische und aber amüsierte Reaktion stellt sich als nichtig heraus - es funktioniert wunderbar, der Bus steht schon bereit, ist fast leer und sogar ein Ticket für umgerechnet 40 Cent kann und muss man lösen. Schön zu sehen, dass sich der Kongo, wenn doch auch sehr langsam, ein wenig entwickelt. Die Fahrt ist wie alle Fahrten hier abenteuerlich und wird von unseren Kollegen, die das erste Mal dabei sind, aufgeregt kommentiert, vor allem die Fastzusammenstöße. Eine Predigt von einer verwirrt wirkenden Kongolesin gibt es inklusive, vielleicht hofft auch sie, dass wir heil ans Ziel gelangen.
Im Viertel "Ngiri Ngiri" angekommen, als wir das Gelände der Kimbanguisten betreten, kommt die nächste große Überraschung. Die Musiker des OSK begrüßen uns jubelnd! Alle sind da, sogar aufgebaut ist schon. Es ist so schön, wieder hierher zu kommen, fast schon ein heimeliges Gefühl. Nach einer ausgiebigen Begrüßungsrunde, auch Armand Diangienda, der Enkel des Kimbanguisten Gründers Simon Kimbangu, ist da, kann die Probe schnell beginnen. Wir werden an diesem Tag einmal durch Beethovens 1. Sinfonie und durch Schuberts Rosamunde Ouvertüre kommen. Die Musiker sind unglaublich gut vorbereitet, kennen ihre Stimmen und die Stücke gut. José Maria Blumenschein, unser Konzertmeister, leitet die Probe. Seine quasi nicht vorhandenen Französischkenntnisse spielen nach kürzester Zeit gar keine Rolle mehr, Pierre Chamot und Svetlin Doytchinov übersetzen das Wichtigste, alles andere findet sich. Am Ende des Tages braucht José unsere Hilfe fast gar nicht mehr, die wichtigsten Begriffe hat er schon drauf. Ich muss an das Sprichwort denken: "Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist."
Freitag, 12. Juli, Abend
Wir sind gut angekommen, wenn auch ziemlich müde. Die kurze Nacht hat allen zu schaffen gemacht.
Bis Istanbul läuft alles mustergültig: Alle neun von uns stehen pünktlich und gut gelaunt um 5.15h am Kölner Hauptbahnhof, der Flieger in Düsseldorf startet planmäßig. In Istanbul treffen wir auf unsere Gäste aus München und Frankfurt, die unsere Besetzung vervollständigen. Als wir dann aber im Flugzeug Richtung Kinshasa sitzen, wird es interessant: Auf dem Rollfeld haben wir schnell unser Gepäck ausfindig gemacht, welches automatisch weitergeleitet wurde. Die Freude darüber endet schnell, als der Gepäckwagen inklusive unserem Gepäck wieder weg fährt. Obwohl uns der Steward versichert, dass das Gepäck nur zur anderen Seite gebracht werde, bleibt ein mulmiges Gefühl.
Der Flug aber ist ein Highlight, auch für mich, da wir früher immer von Brüssel geflogen sind. Der Ausblick ist atemberaubend, wir fliegen über Ägypten, sehen das wunderschöne Nildelta, die Pyramiden von Gizeh und dann stundenlang nichts anderes als die Sahara.
Bei unserer Ankunft, nachdem wir alle über eine Stunde in dem Gewühl mit ungefähr 200 Kongolesen auf dem Gepäckband unsere Koffer versuchen auszumachen, kommt die nicht ganz überraschende Gewissheit: 11 Koffer und vor allem Susanne Eychmüller's Cello fehlen. Vor Ort können wir aber nichts mehr bewirken. Maggy, unsere kongolesische Begleitperson, die hier vor Ort alles für uns organisiert, schickt uns erst mal in die Procure St. Anne, unsere Unterkunft für diese Woche. Das Problem mit den Koffern wird morgen wieder in Angriff genommen.
Donnerstag, 11. Juli, Abends
Es ist bereits nach 22 Uhr und ich bin noch lange nicht fertig mit Packen. In 6 Stunden muss ich schon aufstehen – es wird ein langer Reisetag. Um 5.29h geht’s am Kölner Hauptbahnhof los, wenn alles glatt läuft sind wir 14 Stunden später in Kinshasa.
Die Vorfreude ist groß! Trotz der Tatsache, dass ich im letzten Jahr schon zwei Mal „unten“ war, bin ich ein wenig angespannt. Habe ich alles dabei? Die erste Malarone Tablette haben ich und meine Kollegen heute bereits genommen. Die Reiseapotheke steht auch soweit. Vom WDR wurden wir super eingedeckt, von Antibiotikum bis zur Sonnencreme ist alles dabei.
Die letzten Wochen waren wieder aufwendig. Nachdem das mühselige Thema Finanzierung geklärt war (wieder ein großer Dank an das Auswärtige Amt), ging die Reiseplanung los:
Flüge wurden gebucht, Unterkünfte reserviert, Impfungen gespritzt und gefühlte 500 e-mails zwischen allen Beteiligten hin- und hergeschickt. Das Programm wurde festgelegt, die Noten in den Kongo geschickt, sogar geprobt wurde schon. Schließlich will man ja so gut wie möglich vorbereitet sein! Ich bin gespannt, ob auch die Musiker des Orchester Sinfonique Kimbanguiste (Kurz „OSK“) schon vorbereitet sind, oder ob wir einen Großteil unserer deutschen Organisation und Vorbereitung erst einmal wieder im Koffer verstauen können...
Uns erwartet ein Projekt der ganz besonderen Art: Das erste Mal werden wir gemeinsam mit den Musikern des OSK ein Konzert geben. Ich freue mich sehr, hier in den nächsten Tagen mehr über dieses einzigartige Projekt berichten zu können.